Sonntag, 30. November 2008

Einführung in die Lebensgeschichten

In diesem Blog habe ich viele Dinge zu meiner Familien Chronik zusammengetragen. Ich bin in der glücklichen Lage über sehr viel Historische Dokumente und Fotografien zu verfügen. Dazu kommen dann noch Bemerkungen, Anekdoten und sonstige Geschichten. Zuerst einmal möchte ich den Blog mit einem Anekdötchen aus der Kölner Südstadt aus den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts eröffnen. Der besten Zeit meines Lebens. Hier war die Brutstätte vieler heute z.T. sehr Prominenter Künstler. Hier wurde der Motor für die eigenen Verrücktheiten und die Kreativität gezündet.

Meine Kindheit und Jugend in der Kölner Südstadt begann im Jahr 1956 im Alter von 3 Jahren als ich mit meinen Eltern aus dem selbstgebauten Nachkriegs Behelfsheim in Köln Marienburg in eine Wohnung am Römerpark zog. Hier habe ich dann die ganze Entwicklung des Viertels bis zum heutigen Tage miterlebt. Es zieht mich immer wieder in mein altes Viertel. Dort leben die Menschen mit denen ich mich gerne umgebe. Jedoch hat sich vieles geändert. Ich glaube die wichtigsten Umbrüche gab es in den 1970er und 1980 er Jahren. Mit der Schließung der Kölner Werkschulen wandelte sich das Viertel zur Schickimicki Wohngegend. Zahlreiche Luxusrenovierungen vertrieben die alten Südstädter, die das Viertel ja zu dem machten weswegen man es ja als Schick fand dort zu wohnen. Ich selbst wohnte in einem Eck Haus am damaligen Römerpark und Hindenburgpark jetzt ja Friedenspark. Eine phantastische Hausgemeinschaft lebte dort im besten einvernehmen zusammen. Zwölf Miet Parteien von unterschiedlichstem Couleur. In Hochparterre wohnten die Opernsängerin und ein Lehrer Ehepaar. Darüber die Oma mit ihrem 50 Jahre alten ewig verfressenen Sohn, der an warmen Tagen vom offenen Fenster aus schonmal diverse misslungene Pfannkuchen in den gegenüberliegenden Römerpark feuerte. Sehr zum Vergnügen der dort spielenden Kleinkinder und den darob noch vergnüglicher gestimmten Müttern. Sie erfreuten sich auch sehr bei den Hunden an Beliebtheit. Man fand aber auch schon ganze Wurst Ringe mit Reifenprofil auf der Straße. Meine Nachbarin sorgte aber bei diesen Dingen immer dafür das sie dem rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben wurden. Man klingelte bei ihm und beim öffnen seiner Türe fanden diese Wurst Mutanten die ja nun Bumerangs ähnelten auf einer genau berechneten Flugbahn den Weg bis ans Ende eines Wunderbar langen Altbauflurs. Seine Mutter hatte die volle Kontrolle über alle 11 Mülltonnen. Die wurden sofort nach Benutzung durch einen Mieter mittels Stöckchen durchsucht und bei Bedarf noch etwas umgeschichtet. Darüber wohnten meine Frau und ich dann noch Freunde die gegenüber wohnten. Wir waren natürlich eigentlich bis auf gelegentlich ausufernde Feten und nächtliche Renovierungsarbeiten unspektakulär. Dann noch unsere überaus attraktive Nachbarin unterm Dach. Immer wenn sie "Diese" Schuhe anhatte und durch die Wohnung stöckelte bekam sie Herrenbesuch. An der dann in der folge entstehenden Geräuschkulisse im Hinterhof durfte dann bei geöffnetem Fenster sehr zur Freude die ganze Haus Gemeinschaft teilhaben. Dann noch ein Mansarden Bewohner, ein Liebhaber berauschender Rauchwaren. Der Balkon glich dem Kräutergarten eines Schamanen. Wenn man ihm morgens im Hausflur begegnete und ihm die in Köln ja übliche Grußformel " Wie es et ? " ( Wie geht`s? ) entgegenwarf, kam da in einem verklärt überzeugenden Gesichtsausdruck ein ebenso überzeugendes " jot !" ( gut ! ) entgegen. Beiläufig erzählte er aber noch das man ihm jetzt den Strom abgeschaltet hätte was ja auch egal wäre weil die Waschmaschine sowieso im Eimer ist. Tja, so war das damals rund um das Eierplätzchen. Das Haus wurde dann Mitte der 80 er Jahre an einen Yuppie aus Bergisch Gladbach verkauft der mit perfiden Methoden versuchte alle Mieter rauszuekeln. Aber wir haben ihm das dann doch noch mit kleiner Hausbesetzung und Entertainment von Klaus der Geiger versüßt. Ich denke gerne an diese Zeit zurück es war die schönste in meinem Leben.

Die Ahnen

Mein Vater Max Behnisch hat in den Jahren 1978 – 80 eine umfangreiche Ahnenforschung betrieben. Er hat damit einen Grundstock gelegt der geeignet ist mir aus den Fragmenten und Urkunden ein „back to the roots“ zu Konstruieren. So heiratete der Ur Ur Ur Großvater meines Vaters mütterlicherseits, Francesco Antonio Sartori am 8.11. 1775 in Offenburg.
Er war Zinngießer und kam aus welchen Gründen auch immer aus der Gegend von Verona oder Bergamo im Norditalien. Danach spielte sich die Geschichte der Vorfahren meiner Großmutter väterlicherseits fast ausschließlich am Mittelrhein ab um schließlich in Köln bis zu meinem Dasein zu führen. Interessant sind die ausgeübten Berufe. Da gibt es einen Wirt der in Köln um 1800 einen Schangk an der Uhlenpooz ( Eulentor, Ulrepforte, altes Stadttor in Köln) hatte. Es gab Rheinschiffer, Winzer, Stadtsoldaten, Spitzenmacherin, Tagelöhner, Schubkarrenschieber und andere Skurrile und ausgestorbene Berufe. Die Geschichte unserer Familie Großväterlicherseits begann wahrscheinlich mit der Namengebung um 1330 in der Lausitz. Aus dem lateinischen Benedictus wurde das sorbische Behnisch. Dann verlieren sich die Spuren im fernen Ostpreußen. Die Urkunden zu diesen Personen waren leider zu dieser Zeit für meinen Vater nicht einsehbar da sie in den Wirren des zweiten Weltkrieges verloren gegangen sind. Heute kann man beginnen sie mittels Internet und engagierter Genealogen wieder zusammenzutragen. Jedenfalls tritt im Jahre 1852 mein Ur Ur Großvater Karl Behnisch in Ostpreußen wieder ins Licht der Geschichte. Er lebte auf dem Gut Götzendorf und war dort Instmann.




zum Foto: Mein Großvater Max Emil Julius Behnisch im Alter von 4 Jahren in der Mitte mit Bruder und Schwester
Königsberg / Ostpreußen 1893
Mit 18 Jahren ( 1907 ) als Turner in Köln



















Anders dagegen die Entwicklung der Familie meiner Mutter väterlicherseits. Erstmalig erwähnt um das Jahr 900 liegt die Urkunde heute im Kloster Freckenhorst in Westfalen. Es entwickelte sich hier eine kleine feine Gesellschaft von anfänglichen Dorfschulzen zu Richtern und Anwälten.




Der Leibzucht Kotten der Familie Darpe von 1802









Handschrift aus dem Jahre 1050 in der der Familienname erwähnt wird. Eine frühere Heberolle berichtet bereits um das Jahr 900 von der Baurnschaft Tharpurnin. Aus dieser germanischen Bezeichnung ( Tharpa ) für eine Ansiedlung hat sich der deutsche Name für Dorf entwickelt.
Ein prominentes Mitglied der Familie ist der Großonkel meiner Mutter
Prof. Franz Darpe.


















Er verfasste die Stadtchronik der Stadt Bochum und recherchierte die Chronik der Familie fast nahtlos. Die Linie meiner Mutter mütterlicherseits lebte fast ausschließlich im Kölner Umland. Hier gibt es etwas besonderes. Johann Gottfried Meller war der Gutsbesitzer des Vingerhofes bei Kerpen in der Nähe von Köln. Er ist mein Ur Ur Ur Großvater. Es gab auf diesem Hofe zwei Brüder, die Söhne eines Lohnschäfers. Einer der Brüder wollte gerne Theologie Studieren, jedoch fehlten ihm hierfür die Mittel. Maria Helene Meller, meine Ur Groß Tante, die Tochter des Bauern erkannte diese Situation und bat meinen Urgroßvater dem Jungen Mann das Geld für sein Studium zur Verfügung zu stellen.
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Es war Adolph Kolping.

Geburtsurkunde des Ur Großvaters meiner Mutter, Engelbert Meller.
Er ist der Sohn des Gutsbesitzers Godfried Meller und der Stiefbruder der Maria Helene Meller (Marialen) der Förderin von Adolf Kolping.Wie die Zufälle im Leben so spielen treffen beide Welten aufeinander, als sich mein Vater im Krieg 1940 in Münster
 in meine Mutter verliebt. Ein Resultat dieses Konglomerates bin nun ich. In der von meinem Vater erarbeiteten Zusammenfassung aller meiner Vorfahren ( ca. 350) sind die einzelnen Schicksale nur am Rande erfasst. So sterben die Menschen häufig schon im frühen Alter. Die Männer entzogen sich der Unterhaltspflicht durch einfaches Verschwinden (auch heute noch gängige Praxis). Interessant ist der allgemeine Analphabetismus. Der wird sichtbar in den Unterschriften der Ahnen die Dokumente bei den Obrigkeiten mittels einfachen Kreuz quittierten. Der Zusatz „Die Comparenten erklärten sich des Schreibens unkundig“ findet sich häufig in den Schriftstücken. Ich bin ja von Beruf auch Lokomotivführer und meine Fahrten führen mich oft durch die hochkarätige Kulturlandschaft des Mittelrheintals nach Mannheim und durch das Münsterland nach Osnabrück. Hierbei durchquere ich immer das Stammland meiner Ahnen was eine große faszination auf mich ausübt.
So stelle ich mir vor wenn ich mit meinem Güterzug z.b. zwischen Boppard und Oberwesel fahre wie es meinen Vorfahren wohl ergangen sein mußte wenn man um 1800 herum an einem bitterkalten Wintermorgen auf einem Ochsenkarren ausharrend oder im ungünstigsten Fall zu Fuß zum Bürgermeisteramt nach Oberwesel reisen mußte um eine Geburt oder einen Todesfall zu melden. Zu alledem bin ich noch begeisterter Segler. Ich brachte mein Schiff vor einigen Jahren nach schwerer Krankheit wegen des milderen Klimas von der Ostsee ans Mittelmeer. Mir ist die mentalität der Bewohner des Baltikums wie die des mediterranen Raumes gleich angenehm und ja.....auch irgendwie sehr bekannt. Ob es für uns wohl eine durch die Umgebung geprägte genetische Beeinflussung des Charakters gibt? Jedes dieser gelebten Leben hat mich zu dem gemacht was ich heute bin und verdienen höchste Beachtung. Jeder Mensch, Europäer oder sonstiger Weltbürger hat in seiner Genealogie ähnliche Konstellationen zu verzeichnen. Wenn alle Menschen mehr Erkenntnisse über die eigene Herkunft hätten gäbe es wohl keinen Rassismus oder rechtes Denken mehr.

Montag, 3. November 2008







Rhein,
Strom der Weisen
an dem ich lang zieh
auf kaltem Eisen
In Äonen geboren
wie Wein ...unvergohren
die Erinnerung lebt
Die Ahnen sie reden
von Reben
und von schwerem Leben
von Herrlichkeit und Tod
und ich zieh fort
mit Entzücken und Entsetzen
und setze fort
das Leben mit den Gegensätzen

Klaus Behnisch
Köln im Mai 2006