Sonntag, 30. November 2008

Die Ahnen

Mein Vater Max Behnisch hat in den Jahren 1978 – 80 eine umfangreiche Ahnenforschung betrieben. Er hat damit einen Grundstock gelegt der geeignet ist mir aus den Fragmenten und Urkunden ein „back to the roots“ zu Konstruieren. So heiratete der Ur Ur Ur Großvater meines Vaters mütterlicherseits, Francesco Antonio Sartori am 8.11. 1775 in Offenburg.
Er war Zinngießer und kam aus welchen Gründen auch immer aus der Gegend von Verona oder Bergamo im Norditalien. Danach spielte sich die Geschichte der Vorfahren meiner Großmutter väterlicherseits fast ausschließlich am Mittelrhein ab um schließlich in Köln bis zu meinem Dasein zu führen. Interessant sind die ausgeübten Berufe. Da gibt es einen Wirt der in Köln um 1800 einen Schangk an der Uhlenpooz ( Eulentor, Ulrepforte, altes Stadttor in Köln) hatte. Es gab Rheinschiffer, Winzer, Stadtsoldaten, Spitzenmacherin, Tagelöhner, Schubkarrenschieber und andere Skurrile und ausgestorbene Berufe. Die Geschichte unserer Familie Großväterlicherseits begann wahrscheinlich mit der Namengebung um 1330 in der Lausitz. Aus dem lateinischen Benedictus wurde das sorbische Behnisch. Dann verlieren sich die Spuren im fernen Ostpreußen. Die Urkunden zu diesen Personen waren leider zu dieser Zeit für meinen Vater nicht einsehbar da sie in den Wirren des zweiten Weltkrieges verloren gegangen sind. Heute kann man beginnen sie mittels Internet und engagierter Genealogen wieder zusammenzutragen. Jedenfalls tritt im Jahre 1852 mein Ur Ur Großvater Karl Behnisch in Ostpreußen wieder ins Licht der Geschichte. Er lebte auf dem Gut Götzendorf und war dort Instmann.




zum Foto: Mein Großvater Max Emil Julius Behnisch im Alter von 4 Jahren in der Mitte mit Bruder und Schwester
Königsberg / Ostpreußen 1893
Mit 18 Jahren ( 1907 ) als Turner in Köln



















Anders dagegen die Entwicklung der Familie meiner Mutter väterlicherseits. Erstmalig erwähnt um das Jahr 900 liegt die Urkunde heute im Kloster Freckenhorst in Westfalen. Es entwickelte sich hier eine kleine feine Gesellschaft von anfänglichen Dorfschulzen zu Richtern und Anwälten.




Der Leibzucht Kotten der Familie Darpe von 1802









Handschrift aus dem Jahre 1050 in der der Familienname erwähnt wird. Eine frühere Heberolle berichtet bereits um das Jahr 900 von der Baurnschaft Tharpurnin. Aus dieser germanischen Bezeichnung ( Tharpa ) für eine Ansiedlung hat sich der deutsche Name für Dorf entwickelt.
Ein prominentes Mitglied der Familie ist der Großonkel meiner Mutter
Prof. Franz Darpe.


















Er verfasste die Stadtchronik der Stadt Bochum und recherchierte die Chronik der Familie fast nahtlos. Die Linie meiner Mutter mütterlicherseits lebte fast ausschließlich im Kölner Umland. Hier gibt es etwas besonderes. Johann Gottfried Meller war der Gutsbesitzer des Vingerhofes bei Kerpen in der Nähe von Köln. Er ist mein Ur Ur Ur Großvater. Es gab auf diesem Hofe zwei Brüder, die Söhne eines Lohnschäfers. Einer der Brüder wollte gerne Theologie Studieren, jedoch fehlten ihm hierfür die Mittel. Maria Helene Meller, meine Ur Groß Tante, die Tochter des Bauern erkannte diese Situation und bat meinen Urgroßvater dem Jungen Mann das Geld für sein Studium zur Verfügung zu stellen.
v



Es war Adolph Kolping.

Geburtsurkunde des Ur Großvaters meiner Mutter, Engelbert Meller.
Er ist der Sohn des Gutsbesitzers Godfried Meller und der Stiefbruder der Maria Helene Meller (Marialen) der Förderin von Adolf Kolping.Wie die Zufälle im Leben so spielen treffen beide Welten aufeinander, als sich mein Vater im Krieg 1940 in Münster
 in meine Mutter verliebt. Ein Resultat dieses Konglomerates bin nun ich. In der von meinem Vater erarbeiteten Zusammenfassung aller meiner Vorfahren ( ca. 350) sind die einzelnen Schicksale nur am Rande erfasst. So sterben die Menschen häufig schon im frühen Alter. Die Männer entzogen sich der Unterhaltspflicht durch einfaches Verschwinden (auch heute noch gängige Praxis). Interessant ist der allgemeine Analphabetismus. Der wird sichtbar in den Unterschriften der Ahnen die Dokumente bei den Obrigkeiten mittels einfachen Kreuz quittierten. Der Zusatz „Die Comparenten erklärten sich des Schreibens unkundig“ findet sich häufig in den Schriftstücken. Ich bin ja von Beruf auch Lokomotivführer und meine Fahrten führen mich oft durch die hochkarätige Kulturlandschaft des Mittelrheintals nach Mannheim und durch das Münsterland nach Osnabrück. Hierbei durchquere ich immer das Stammland meiner Ahnen was eine große faszination auf mich ausübt.
So stelle ich mir vor wenn ich mit meinem Güterzug z.b. zwischen Boppard und Oberwesel fahre wie es meinen Vorfahren wohl ergangen sein mußte wenn man um 1800 herum an einem bitterkalten Wintermorgen auf einem Ochsenkarren ausharrend oder im ungünstigsten Fall zu Fuß zum Bürgermeisteramt nach Oberwesel reisen mußte um eine Geburt oder einen Todesfall zu melden. Zu alledem bin ich noch begeisterter Segler. Ich brachte mein Schiff vor einigen Jahren nach schwerer Krankheit wegen des milderen Klimas von der Ostsee ans Mittelmeer. Mir ist die mentalität der Bewohner des Baltikums wie die des mediterranen Raumes gleich angenehm und ja.....auch irgendwie sehr bekannt. Ob es für uns wohl eine durch die Umgebung geprägte genetische Beeinflussung des Charakters gibt? Jedes dieser gelebten Leben hat mich zu dem gemacht was ich heute bin und verdienen höchste Beachtung. Jeder Mensch, Europäer oder sonstiger Weltbürger hat in seiner Genealogie ähnliche Konstellationen zu verzeichnen. Wenn alle Menschen mehr Erkenntnisse über die eigene Herkunft hätten gäbe es wohl keinen Rassismus oder rechtes Denken mehr.